Meine Blog-Liste

Montag, 27. August 2012

"Es lebe Christus der König und die Jungfrau von Guadalupe!"

Das heldenhafte Zeugnis von Treue zu Petrus durch die mexikanische Kirche1.

Es wurde darüber einen Film gedreht (Cristiada oder For Greater Glory, 2012), der nun endlich in den Kinosäle der Vereinigten Staaten und Mexiko zu sehen ist, nachdem viele Schwierigkeiten beider Suche nach einem Vertreiber überwunden werden konnten.

Während seines Pontifikats hat der Selige Johannes Paul II 39 der vielen mexikanischen Märtyrer heiliggesprochen. Benedikt XVI hat seinerseits auf mexikanischem Boden im März dieses Jahres ausdrücklich an die Verfolgung und den Widerstand der "Cristeros" während des Krieges von 1026-1929 und der darauf folgenden acht Jahre rücksichtsloser Unterdrückung erinnert. Dabei hat er ein Tabu gebrochen, das durch die anti-christlichen und vor allem anti-katholischen Ideologie verhängt wurde, so dass diese für den Glauben und für die Kirche glorreichen Seiten der Geschichte praktisch aus dem Gedächtnis der mexikanischen Gesellschaft und der ganzen Welt auslöscht wurden. Was wissen wir nämlich über diese Erreignissen?


Im Jahre 1517 beginnt die Kolonisierung von Mexiko, die (obwohl auch Gräueltaten begangen wurden) als primäre Ziel die Evangelisierung dieser Völker hatte. Dank dem Aufkommen des katholischen Christentums, hat man nämlich auf der einen Seite den Untergang des tyrannischen und blutigen Reich der Azteken beobachtet, das ständig Krieg mit seinen Nachbarn führte, um sich Beute für Menschenopfer zu besorgen (siehe den wunderbaren Film von Mel Gibson Apocalipto) und auf der anderen Seite eine fruchtbare Verbindung zwischen christlicher und einheimische Kultur. Dank dieser kulturelle Fusion wurden Sprachen und Sitten gerettet, neue Städte gegründet, Landwirtschaft, Viehzucht und eine Vielzahl von anderen Handwerke eingeführt, Krankenhäuser, Kirchen und Universitäten gegründet.
Die Marienerscheinungen von Guadalupe zu Beginn der spanischen Kolonisation (1531) kündigen diese Ereignisse an, die daher nicht eine gewalttätige Ausrottung der präkolumbischen Kultur sind (wie wir in den meisten Geschichtsbücher lesen), mit den bekannten Schwierigkeiten, die die protestantische Kolonisierungen charakterisieren, sondern sie sind hingegen eine gelungenen Synthese, unter dem Zeichen des Katholizismus, der präkolumbischen Gesellschaft (und zwar mit den Elementen, die aus dieser bewahrt werden konnten), und das Christentum iberischer Kultur.
In der Tat im Jahre 1531 erscheint  Maria mit dem Mestizen-Gesicht, Symbol der neuen Zivilisation der Integration, wo die Spanier als Instrumente des göttlichen Willens gesehen werden. Der Katholizismus wird tatsächlich in den folgenden Jahrhunderten die neue Seele des mexikanischen Volkes. Die Verehrung der Jungfrau von Guadalupe wird zu einem nationalen Identitätsmerkmal, das jeden Moment des bürgerlichen und politischen Lebens Mexikos kennzeichnet.

Nach der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1821 wird der neue republikanische Staat sehr schnell von der Ideologie der Aufklärung aus Europa und des freimaurerischen Liberalismus aus den Vereinigten Staaten angesteckt, die in Mexiko mit dem Krieg von 1846-48 Fuß fassen.
Die sozialen Ungleichheiten nehmen dramatisch zu. Am Ende 19ten Jahrhundert 1% der Bevölkerung besitzt 97% des Reichtums. Dies schürt die Volksrevolution, die aber immer von laizistischen liberalen Eliten geleitet wird. Aus diesem Grund, auf dem Krieg gegen die Vereinigten Staaten folgen 150 Jahre kontinuierlicher militärischen Staatsstreichen und Bürgerkriegen, die eine Reihe von Despoten des selben und unantastbaren Establishment von laizistischen und freimaurerischen Oligarchen an die Macht bringen.

Einziges Hindernis, in diesen Machspielen, ist eine katholische Kirche, die den Menschen nahe steht, die schult, die Hoffnung, Gefühl von Recht und Gesetz und Würde den Armen und Ausgebeuteten schenkt.
Aus diesem Grund ist eines der Hauptziele der mexikanischen herrschenden Klasse, beeinflusst (oder abhängig?) von ausländischen Mächten (USA, UK), die katholische Kirche zu beseitigen. In der Tat, ab Mitte des neunzehnten Jahrhunderts bis 1926 die erlassenen Gesetze werden zunehmend diskriminierend für Katholiken, während die protestantischen Sekten aus den Vereinigten Staaten offiziell gefördert werden. Der Scheitelpunkt der Diskriminierung wurde mit der Verfassung von 1917 erreicht. Diese sieht vor:

1.       Die Trennung von Kirche und Staat.
2.       Entchristlichung von allen öffentlichen Orten (Schulen und Krankenhäuser).
3.       Verbot für Priester Schulen zu verwalten und zu unterrichten.
4.       Verbot für Priester, zu animieren, Ordensgelübden abzulegen.
5.       Verbot für Priester, das Priesterkleid öffentlich zu tragen.
6.       Verbot für Priester Erbschaften oder Vermächtnisse zu erhalten.
7.       Beschlagnahmung der Kirchengüter.
8.       Jede Region Mexikos kann frei, die maximale Menge von Priestern in ihrem Territorium bestimmen.
9.       Priester müssen ausschließlich einheimisch sein.
10.   Verbot jeglicher Veröffentlichung religiöser Natur.

Aber eine Gesellschaft, die sich vom Glauben nährt, kann nicht hinnehmen, dass Gott durch den Staat aus Mexiko entwurzelt wird. Durch die wachsende Unzufriedenheit sieht sich Präsident Carranza gezwungen, die Durchführung seiner Verfassung zu mildern. Er wird aber schnell hingerichtet und sein Nachfolger beginnt die gewalttätige antiklerikale Eskalation. In 1921 wird auf den Türmen der Kathedrale von Morelia die rot-schwarze sozialistische Fahne erhöht, während im Tempel ein Bild der Jungfrau erdolcht wird. Eine friedliche Protestdemonstration wird unter dem Vorwurf des politischen Ungehorsams aufgelöst. Ein paar Monate Präsident Obregón lässt in einem Blumenbukett vor dem Gnadenbild der Madonna von Guadalupe eine Bombe niederlegen. Bei der heftigen Explosion wird nahezu alles zerstört, was sich in der Nähe des Bildes befindet. Das Selbstporträt der Muttergottes erleidet indessen nicht den mindesten Schaden. Nicht einmal der Rahmen oder das Glas geht zu Bruch. Auf wundersamer Weise bleibt die Tilma unversehrt. Ein Jahr später wird der Sitz der „Katholischen Jugend“ ungestraft vernichtet. Im Jahr 1923 wird der päpstliche Legat aus Mexico vertrieben und 1925 findet ein peinlicher (gescheiterter) Versuch statt, eine von Rom getrennte Staatskirche zu gründen.

Nach dem Protest von Papst Pius XI (Enzyklika Quas Primas) und den mexikanischen Bischöfen, schließt die Regierung die Klöster und fängt an, Priestern und Ordensleuten einzukerkern. Dazu kommt das Verbot, Glocken läuten zu lassen, religiöse Symbole zu tragen, und schließlich die totale Enteignung aller kirchlichen Güter. Alles ist durch eine strenge religiöse Polizei kontrolliert.

In diesem Moment, nach vergeblichen, passiven Widerstandsversuchen, trifft der mexikanische Episkopat, im Einvernehmen mit dem Heiligen Stuhl, eine sensationelle Entscheidung: die vollständige Aussetzung jeder Form des öffentlichen Gottesdienstes in den von der Regierung Calles völlig kontrollierten Kirchen. In den Tagen vor seinem Inkrafttreten (
31.7.1926) strömen alle in die Krichen, um zu beichten, Kinder zu taufen, zu heiraten und die Kommunion zu empfangen. Das Volk nährt sich durch seinen Glauben und seine religiöse Praxis mit einer starken eschatologischen Spannung. Es interpretiert diese Ereignisse als Zeichen einer drohenden Strafe Gottes für die Sünden der Nation. Es fragt sich: "Warum geschieht das?".

Es fallen die ersten Märtyrer. Joaquim Silva (27) und Manuel Melgarejo (17) durchlaufen das ganze Land, um Begegnungen zu veranstalten, mit denen sie das Volk zum Kampf motivieren. Am 12. September 1926 werden sie verhaftet und ohne Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. An der Erschiessungsmauer können Ihnen die Soldaten der Rosenkranz nicht aus den Händen reißen. Joaquim hält seine letzte Rede, mit der er sogar die Soldaten bewegt. Einer von ihnen weigert sich an der Hinrichtung teilzunehmen. Joaquim sagt schließlich: "Wir sind keine Kriminellen, noch haben wir Angst vor dem Tod. Ich selbst werde das Zeichen zum Schiessen geben, wenn ich «
Viva Cristo Rey! Viva la Virgen de Guadalupe!» (Es lebe Christus König und die Jungfrau von Guadalupe). Genau so geschieht es: Beim Schlacht- und Siegesruf der zwei jungen Männer, kommt die Gewehrentladung, die sie niederschießt. Am nächsten Tag wird auch der Soldat hingerichtet der sich weigert hatte, zu schießen.

Papst Pius XI äussert sich mit zwei Briefe
(“paterna sane” und “iniquis afflictisque”). Er stempelt die letzten Rechtsakte als unerträglich ab. Aber nun geschieht, was vielleicht weder die Bischöfe noch der Heilige Stuhl erwartet haben: es beginnt ein spontaner (dann aber mehr und mehr organisierter) bewaffneter Widerstand unter dem Banner der Jungfrau von Guadalupe und dem Anruf auf Christus König: die sogenannte "Cristiada."
Es handelt sich um eine (bewaffnete) Verteidigung gegen die staatlichen Absichten, die Kirche zu zerstören. Sie wird nie von den Bischöfen und vom Heiligen Stuhl gestützt werden, die hingegen den juristischen Kampf vorziehen und weiterführen.  Dieser wird jedoch noch härter unterdrückt. Die Bischöfe (mit Ausnahme von zwei oder drei) fliehen ins Ausland und die Priester tauchen unter. Zahlreiche neue Märtyrer fallen. Der berühmteste ist vielleicht Miguel Augustin Pro, der Jesuitenpater, der von Johannes Paul II im Jahr 1988 selig gesprochen wurde. Pro wurde als katholischer Priester im Jahre 1927 verhaftet und erschossen. Aber es gibt viele andere:

"Tomas de la Mora (16) wird für das Tragen eines Skapulier verhaftet. Da er nicht diejenigen verraten wollte, die von seinen Folterer als Fanatiker von ihm aber als «Befreier der Kirche und des Vaterlandes von den Tyrannen» bezeichnet werden, wird gehängt.
Pater Elias Nieves, Augustiner, übt seinen Dienst weiterhin aus, trotz des Verbotes. Er begibt sich überall hin, wo er die Notwendigkeit sieht, zu trösten, zu helfen, die Sakramente zu spenden. Die Polizei erfährt es, sie lässt ihn beschatten und verhaften, als er, in einem Dachboden, die Messe feiert. Zum Tode verurteilt, wird er an den Ort der Hinrichtung gebracht. Er kniet und betet. Danach wendet er sich an die Soldaten des Exekutionskommandos: «Auf die Knie, meine Kinder. Bevor ich sterbe, möchte ich euch meinen Segen erteilen». Die Soldaten gehorchen und beugen sich ehrfürchtig auf die Aufforderung des Priesters. Während Pater Nieves mit der Hand das Zeichen des Kreuzes schlägt, schießt der Offizier, der das Kommando führt, erzürnt auf seine Brust und tötet ihn, während er noch segnet.
Pater Uribe wird langer Folter ausgesetzt, nachdem er sich geweigert hat, einen öffentlichen Akt der Apostasie und des Beitritts der schismatischen patriotischen Kirche abzulegen. Am Palmsonntag des Jahres 1927 erliegt er den schrecklichen Qualen. Seine letzten Worte sind: «Lieber der Tod, als den Vikar Jesu Christi zu verleugnen. Ich liebe den Papst! Viva el Papa!». Sein Körper wir auf die Straße geworfen, aber er wird geborgen und mit großen Ehren begraben".2


Die Cristeros kämpfen in der Uniform des Rosenkranzes oder mit einem großen Kruzifix um den Hals. Sie schreiben ihr Testament auf einem Papier, das sie mit sich tragen. Jose Sanchez (13), gefangen genommen, schreibt: «An meine geliebte Mutter, ich bin gefangen und sie werden mich umbringen. Ich bin glücklich. Mein einziges Leiden sind deine Tränen. Weine nicht, Mutter. Wir sehen uns wieder. Jose, der für Christus, den König getötet wurde».

Durch die Bevölkerung unterstützt, erreicht das Heer der Cristeros die Anzahl von 50.000 Männern. Am Ende des Jahres 1928 ist die beschämende Niederlage für die Regierungsarmee sehr nahe. Die Bischöfe treffen sich mit der Regierung für neue diplomatische Gespräche. Sie schließen ein Abkommen (die "Arreglos") ab, das paradoxerweise die totale Umkehrung der Situation bedeutet. Die Bischöfe tappen in die Falle: Die Arreglos sehen einzig die Suspension (nicht die Abschaffung) der anti-kirchlichen Bestimmungen und keine Garantie für die Cristeros und die Menschen, die sie unterstützt haben, vor.
Als sie aufgefordert werden, ihre Waffen niederzulegen, fühlen die Cristeros einen tiefen Schmerz. Tiefer als der Krieg selbst. Aber warum führen sie denn nicht den Kampf weiter, bis zum endgültigen Sieg, der so nahe ist? Die Antwort auf diese Frage gibt eine Zeugin dieser Ereignissen in einem Interview, viele Jahre später: «Weil es die Kirche befahl, aus Gehorsam».
Katholiken und kirchliche Hierarchie glauben, die Religionsfreiheit zurückgewonnen zu haben, aber sie täuschen sich: die Vereinbarungen werden nicht eingehalten. Nachdem die Cristeros die Waffen niedergelegt haben, beginnt eine heftige Menschenjagd. Die Soldaten dringen in Dörfer, Häuser und Bauernhöfe ein und töten sie gnadenlos. Und dies während den nächsten acht Jahren! Es sterben mehr Cristeros nach den Vereinbarungen, als während des Krieges.

Pius XI protestiert heftig gegen die Verletzung der Friedensabkommen. Auf die Enzyklika “acerba animi” (1932), reagiert die mexikanische Regierung mit der Verurteilung der " schweren kriminellen Einmischung von Rom". Im Jahr 1937, mit der "firmissimam constanziam" verlangt der Papst vom  mexikanischen Volk Geduld und Widerstandskraft, durch das Gebet, gegen diejenigen, die ihre Rechte zertreten. Er spricht auch vom legitimen Recht auf bewaffnetem Widerstand, innerhalb gewisser Grenzen. Ab 1940 lassen die Tötungen nach und die Situation verbessert sich langsam, wobei noch im Jahr 1993 (!) wird Kardinal Juan Jesus Posadas Ocampo ermordet. Der staatliche Anti-Klerikalismus und die offizielle Unterstützung der protestantischen Sekten, die bemüht sind, die katholische Seele des Volkes anzufressen, sind noch heute an der Arbeit.

Zum Schluss: Mehr als die unmenschliche Grausamkeit der anti-christlichen Ideologie, beeindruckt mich der hohe Grad an Treue zu Petrus, dem Papst, der Cristeros. Obwohl sie den Sieg in der Hand hatten, legen sie ihre Waffen nieder und lassen sich niedermetzeln aus Gehorsam gegenüber der Kirche. Äußerst beeindruckend, nicht weniger als das Beispiel von Christus selber.
Diametral entgegengesetztes Beispiel zeigen uns hingegen nicht wenige Katholiken "von der Welt" die zur Auflehnung gegen den Bischof anregen: z.B. unsere staatskirchenrechtlichen Körperschaften mit ihren Organen wie das Pfarrblatt Forum Zürich gegen unseren mutigen und treuen Bischof Vitus Huonder (lese auch hier).


Ich empfehle zur Lektüre:
Lothar Groppe SJ, P.Michael Pro SJ, Ein mexikanischer Schlingel wird Priester und Martyrer, Freundeskreis Maria Goretti, München.
______________________
1 Abschrift einer Sendung von Andrea Arnaldi auf Radio Maria Italien vom 21.7.2012.
2 Aus einem Artikel von Paulo Gulisano "Die Märtyrer von Mexiko" auf "Il Timone", nr: 57, November 2006.
3 Für die päpstlichen Dokumente siehe die vatikanische Web-Seite.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen